Spendenuhr 2018

20.08. (la) Spendenuhr 2018 – An diese drei gemeinnützigen Einrichtungen haben wir die von uns letztes Jahr erlaufenen Kilometer gespendet: Semra-Ertan-Initiative, St. Pauli-Archiv und Freihaven.

Gedenken an Semra Ertan

Semra Ertan war eine junge türkische Frau, die sich am 24. Mai 1982 in St. Pauli an der Kreuzung Simon-von-Utrecht-/Detlev-Bremer-Straße aus Protest gegen den Rassismus in Deutschland öffentlich verbrannte und zwei Tage später starb.

Vor ihrem Freitod hatte Semra dem NDR und dem ZDF gegenüber ein Statement abgegeben: „Ich möchte, dass Ausländer nicht nur das Recht haben, wie Menschen zu leben, sondern auch das Recht haben, wie Menschen behandelt zu werden. Das ist alles.“

Semra Ertan arbeitete als Dolmetscherin und Bauzeichnerin und sie war Schriftstellerin. Sie verfasste über 350 Gedichte, viele auch über die Erfahrungen von Migrant*innen, die Erniedrigungen und die zunehmenden Feindseligkeiten in Deutschland. Ihr Werk ist aber bisher weitgehend unbekannt.

Die Initiative, die wir mit unserer Spende unterstützt haben, konnte davon unter anderem den Besuch der in München lebenden Schwester und der Nichte Semra Ertans ermöglichen und eine Gedenkveranstaltung durchführen, die am 26. Mai 2019 an dem Ort stattfand, an dem sich Semra Ertan das Leben nahm. Ihre Nichte, die als Künstlerin arbeitet, entwickelt außerdem zurzeit in Zusammenarbeit mit der Initiative ein Kunstprojekt, durch das permanent in St. Pauli an Semra Ertan erinnert werden soll.

Spendenübergabe an freihaven vor dem Haus 5 im ehemaligen Hafenkrankenhaus auf St. Pauli

 

Als Frauke Martin und mir – Alex – anbot, uns mit den Verantwortlichen zu treffen, denen unsere erlaufenen Spendenuhr-Kilometer zugute kommen, sagten wir sofort ja. Wir saßen mit Dr. Eva Hampel von freihaven e.V., sowie Diplom-Psychologin Julia Fischer-Ortman und unserem Abteilungsmitglied Dr. Michael Brune von haveno e.V. zusammen.

Zunächst erfuhren wir, wann die Vereine gegründet worden waren, nämlich 2002 und 2012, denn nicht erst seit 2015 besteht Bedarf psychotherapeutischer Behandlung geflüchteter, traumatisierter Menschen. Beide Vereine leisten unglaublich wichtige Arbeit. Der Bedarf von Therapieplätzen war und ist hoch. Die Hemmschwelle, eine Therapie zu beginnen, ist im Allgemeinen schon stark ausgeprägt. Umso schwieriger ist es natürlich, wenn zusätzlich eine Sprachbarriere besteht. Dafür ist das Team gewappnet. Es werden Therapien in insgesamt 12 Sprachen angeboten, darunter Farsi und Dari, die die Therapeut*innen fließend beherrschen. Dolmetschergestützt kann auf 15 verschiedene Sprachen zurückgegriffen werden, um Hilfesuchenden Zugang zu psychotherapeutischer Behandlung zu ermöglichen. Wie ich von einem befreundeten Psychologen weiß, sind es oft Partner*innen, Ehepartner*innen oder Freunde, die eine Person darauf hinweisen, manchmal sogar dazu drängen, eine Psychotherapie zu beginnen. Bei den Refugees gibt es innerhalb der Communities Ansprechpartner*innen von Hilfsorganisationen, die Traumatisierten den Weg zu haveno weisen oder Geflüchtete selbst berichten von erfolgreichen Therapien und können so vermitteln.

In der Regel erfahren die Therapeut*innen nicht, wie es nach ihrem Einsatz mit den Menschen weitergeht. Aber von zwei Erfolgsgeschichten nach Therapieende wurde uns berichtet, darunter eine Familienzusammenführung über viele tausende Kilometer, die einem Wunder gleicht.

Insgesamt saßen wir eine gute Stunde zusammen. Und wir freuen uns, dass wir mit unserer Spende einen Beitrag zur Finanzierung dieses wichtigen Projekts leisten können!

Gunhild vom St. Pauli-Archiv und Tim vom Marathon bei der Spendenübergabe in den Archivräumen.

Seit 1987 ist der gemeinnützige Verein St. Pauli-Archiv das Gedächtnis des einzig möglichen Viertels Hamburgs. Als Stadtteilarchiv und Geschichtswerkstatt setzen sich die Mitglieder des Vereins mit der Geschichte und Gegenwart von St. Pauli auseinander. Anhand von Rundgängen, Ausstellungen, Veranstaltungen und Publikationen zeigt das Archiv die Vielfältigkeit des Viertels mit seinen spezifischen Eigenarten, Menschen und Perspektiven.

Das St. Pauli-Archiv verfügt über eine umfangreiche Bibliothek sowie über ein großes Foto- und Postkartenarchiv und eine beachtliche Presseausschnittsammlung. Themenschwerpunkte sind neben der allgemeinen Stadtteilgeschichte auch übergreifende Aspekte wie die Geschichte Hamburgs und des Nationalsozialismus, Kolonialgeschichte, Stadtplanung und Gentrifizierung. Die Bestände stehen allen Interessierten offen – der Buchbestand ist teilweise entleihbar.

Das St. Pauli-Archiv freut sich auf deinen, auf unseren Besuch in den Archivräumen in der Paul-Roosen-Str. 30 – Tim war im Frühjahr schon einmal da und überreichte Gunhild vom Archiv unsere Spende. Am besten kurz vorher anrufen.

Aktueller Tipp: Am 20. September veranstaltet das Archiv um 15 Uhr den Rundgang »… und abends in die Flora – Aktuelles und Historisches zwischen Wasserturm, Schlachthof und Flora«.

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert