Schneller als die Antilope

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(will) – Leider aber ist der Abend schon vorbei, das Käsefondue leer gerührt, die Kruste abgekratzt und der Schnaps gesoffen. Sonst könnte ich Euch jetzt alle auch noch zu Tisch bitten. Zu spät, entschuldigt! Bernd Heinrich ist gestern wieder abgereist. Aber ein wenig kann ich Euch ja noch verraten von diesem seltsamen Menschen, den ich als Vertreter der Abteilung einen langen Abend lang bewirten durfte.

Der heute 73jährige lebt in Maine im Wald, in einer selbstgebauten Blockhütte. Er gilt als der beste Rabenexperte der Welt, war bis zu seiner Pensionierung Zoologieprofessor in Vermont, hat zahlreiche Bücher geschrieben, etwa über die Intelligenz seiner Lieblingsvögel (Mind of the Raven) sowie übers Laufen und Ausdauerleistungen im Tierreich (Racing the Antelope).

Als Marathoni- und Ultramarathoni hat er Weltrekorde und US-Bestleistungen aufgestellt. Noch immer top in den USA sind, soviel ich weiß, seine 6:39:55 über 50 Meilen in der Alterskategorie Ü60. Heinrich hat aber auch ein paar Versuche gemacht, die scheiterten. Auf einem 100-Kilometerlauf, den er einzig mit Bier absolvieren wollte, musste er erstaunlich nah am Ziel, nach 18 Dreimeilenrunden und drei Sixpacks, passen: »Ich fühlte mich plötzlich sehr müde«, erinnert er sich.

Seit vorgestern ist auf Youtube ein Video mit ihm zu sehen, gedreht von einem südafrikanischen Filmer, darin beachte man, wie flink der Alte noch immer Baumwipfel erstürmt. Ich selber hatte vor Jahren das Vergnügen, mit ihm mal zwei Stunden durch den Wald von Trittau zu laufen – auf den Spuren seiner Vergangenheit. Heinrichs Familie floh 1945 aus dem heutigen Polen und lebte nach dem Zweiten Weltkrieg fünf Jahre in einer kleinen Hütte im Wald Hahnheide bei Trittau in der Nähe von Hamburg.

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